Kairos Prime



Kapitel 18

Rückkehr zum Auftraggeber

Der Weg zurück in die Stadt war stiller als der hinaus. Niemand sprach viel; nur die Schritte über feuchten Boden, das Knacken von Zweigen und das ferne Rauschen des Flusses begleiteten sie. Der Turm lag hinter ihnen – grau, still, als hätte er nie mehr beherbergt als Staub und Steine. Doch in ihrem Innern hallten die Schatten nach, und jeder trug ein unsichtbares Gewicht mit sich.

Am Stadttor begrüßten sie die Stimmen der Händler, das Rufen von Kindern, das Schnauben der Pferde. Das Leben war unverändert, als wäre nichts geschehen. Für die Menschen in den Gassen war der Turm nur ein Gerücht hinter den Bäumen; für die Gefährten war er ein Ort, den man nie wieder vergessen würde.

Sie gingen durch die gepflasterten Straßen bis in das Viertel der Kaufleute. Dort wartete der Auftraggeber: ein Mann mittleren Alters, gepflegt, die Stirn von Sorgenfalten durchzogen, die Hände weich wie Brotteig. Er empfing sie in der Halle seines Hauses, wo die Luft nach Rosenöl und Wachs roch.

„Ihr seid zurück,“ stellte er fest, ohne Freude, aber mit spürbarer Erleichterung. Sein Blick glitt prüfend über die Gruppe, blieb einen Moment an Frydas Schwert hängen, an Holdines ernster Haltung, an Cjendadz’ müden Augen. „Also – was habt ihr gefunden?“

Holdine trat vor. „Der Turm ist frei von Räubern. Doch in seinen Tiefen lag ein Erbe, das nicht genutzt werden sollte. Wir haben gesehen, was dort geschah – und wir haben es beendet.“

Der Händler hob die Brauen, als habe er mehr erwartet. „Beendet? Bedeutet das, ich kann den Turm nun gefahrlos öffnen?“

„Ihr könnt ihn betreten,“ antwortete Holdine knapp. „Doch nutzt ihn nicht. Manche Mauern tragen mehr als nur Lasten.“

Der Auftraggeber presste die Lippen zusammen, doch er hakte nicht nach. Vielleicht wollte er es gar nicht wissen. Stattdessen öffnete er ein Kästchen, das bereits auf dem Tisch stand. Goldstücke klimperten darin, das Gewicht von Versprechen und Lohn.

„Zwanzig Goldstücke, wie vereinbart,“ sagte er. Dann zögerte er, griff unter die Dokumente und legte drei weitere Münzen dazu. „Und zehn mehr, weil ihr rechtzeitig zurückgekehrt seid. Man sagt, Vertrauen will belohnt sein.“

Zoltian grinste breit, schob die Münzen mit einer geübten Bewegung an sich. Fryda jedoch schnaubte nur und murmelte: „Mehr Vertrauen hat er wohl in seine Kasse als in uns.“

Doch keiner widersprach. Die Münzen waren real, das Gold kühl und schwer. Der Händler nickte ihnen zu, schon halb abgewandt, die Gedanken wohl längst bei seinen Geschäften. „Ihr habt euren Teil erfüllt. Damit ist unser Vertrag beendet.“

Sie verließen das Haus. Hinter ihnen schloss sich das Tor mit einem Laut, der endgültig klang.

Auf dem Markt war es lauter geworden. Kinder rannten um den Brunnen, Frauen priesen Kräuter an, ein Schmied schlug auf glühendes Eisen. Die Welt ging weiter, gleichgültig gegen alles, was im Turm geschehen war.

„Alles nur ein Auftrag,“ murmelte Fryda.

„Für ihn,“ erwiderte Holdine. „Für uns war es mehr.“

Tsaluah, das am Rand des Platzes gewartet hatte, trat aus dem Schatten. Niemand schenkte dem gefiederten Wesen Beachtung – vielleicht, weil die Menschen Augen nur für Münzen und Waren hatten. Es neigte den Kopf, als sie zu ihm traten. „Der Turm schweigt nun. Doch schweigen ist nicht immer Frieden.“

Cjendadz schloss die Hand um den roten Einband, den sie mit sich trugen. „Manche Fäden klingen nach, auch wenn man sie durchtrennt.“

„Dann gehen wir weiter,“ sagte Krexila leise. „Denn bleiben dürfen wir hier nicht.“

Und so wandten sie sich ab von den Gassen der Händler, hinaus aus der Stadt. Hinter ihnen blieben Gold und Geschäftigkeit, vor ihnen lag der nächste Weg – ungewiss, aber ihr eigener.